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4. März 2014

MRSA-Eradikation

Für den Kampf gegen MRSA wird es immer wichtiger, dass auch die Niedergelassenen richtig gerüstet sind. Das Verschreiben einer Mupirocin-Nasensalbe reicht nicht aus. Die ambulante MRSA-Sanierung kann nur mit zusätzlichen Maßnahmen wie der gezielten Desinfektion bekämpft werden. Deshalb soll die ambulante MRSA-Sanierung zukünftig im Rahmen der häuslichen Krankenpflege für bestimmte Patientengruppen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können. Besondere Bedeutung kommt hier dem sektorenübergreifenden Informationsaustausch und der Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegediensten zu. Welche Verantwortung hier die Pflegekräfte bei der aufwendigen Ganzkörperwaschung einer dementen Risikopatientin haben, zeigt KV-TV.

Service

Lesefassung

Sprecherin: Andrea Wagenführer und Monika Helder-Fritz sind auf dem Weg zu ihrer Patientin. Die Patientin leidet an Alzheimer und sie ist mit MRSA infiziert.

Dr. Gerhard Samosny | Leiter des Gesundheitsamts Alzey-Worms: Wenn wir den MRSA auf unserer Haut haben, ist der eigentlich gar nicht gefährlich, weil der normale Staphylokokkus aureus, den haben viele von uns, 20, 40 Prozent. Und der macht eigentlich gar nichts.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Das Problem ist nur, wenn dieser Keim bei Patienten, die geschwächt sind, frisch operiert sind zum Beispiel oder chronische Krankheiten haben, wenn der dann über Katheter oder Wunden in die Blutbahn gerät und Infektionen verursacht. Dann haben wir auch, weil es resistente Bakterien sind, die gegen die üblichen Antibiotika nicht ansprechen, ein Problem. Dann kann es sehr gefährlich werden.

Sprecherin: Bei der häuslichen Pflege kommt dem ambulanten Bereich ganz besondere Verantwortung zu. Vor allem, wenn es sich bei der MRSA-Behandlung um Risikopatienten handelt.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Wir sind diejenigen, die in diesem Augenblick die Verantwortung übernehmen. Und auch die Sanierungsmaßnahmen einleiten. Das heißt: Den Patienten informieren, die Angehörigen informieren und die entsprechenden Medikamente verordnen, um diese häusliche Sanierung durchzuführen. Meistens ist es sogar nötig, einen Pflegedienst zu informieren. Die meisten Patienten, die MRSA-kontaminiert sind, sind auch zu Hause mehr oder weniger pflegebedürftig.

Andrea Wagenführer: Ich desinfiziere jetzt die Oberflächen, damit die Schwester Monika dann diese Oberflächen anfassen kann.

Sprecherin: Das Pflegeteam muss sich die Arbeit streng teilen. Eine übernimmt die ungewaschene, die andere die saubere Seite.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Die Problemzonen, wo die MRSA-Keime sich gerne ansiedeln, das ist die Nase, der Nasenvorhof, der Rachen durch die Sekrete, die runterlaufen, Hautfalten. Da sitzen diese Keime und die müssen entfernt werden durch spezielle Nasensalben, Mupirocin, durch spezielle Rachenspülungen und durch Ganzkörperwaschungen, die in alle Falten gehen.

Monika Helder-Fritz: Wir machen jetzt die Nasensalbe rein.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Das Mupirocin ist eine nur lokal verabreichte antibiotische Salbe, die oberflächlich diese Keime beseitigen kann.

Sprecherin: Die hygienische Disziplin ist enorm wichtig. Bei pflegebedürftigen Patienten kann das nur ein ausgebildeter Pflegedienst leisten.

Dr. Gerhard Samosny | Leiter des Gesundheitsamts Alzey-Worms: Es ist nicht so einfach, einen Patienten antiseptisch zu waschen, also so zu waschen, dass die Keime eliminiert werden, ohne dass sich die pflegende Person selbst kontaminiert oder ohne dass sich die Haut, die bereits gesäubert und gewaschen wurde, sich an Bettzeug, was kontaminiert ist, wieder in Kontakt kommt und dann eine Besiedelung stattfindet. Und hier ist es notwendig, dass ein eingespieltes, fachlich versiertes Team eine solche Waschung vornimmt bei Patienten, die nicht gut kooperieren können, die bettlägerig sind, typischerweise auch demente Patienten, die diesen Vorgang des Waschens gar nicht richtig nachvollziehen können.

Andrea Wagenführer: Wichtig ist auch die Achselhöhle, weil der MRSA sich auch gerne in der Achselhöhle aufhält.

Monika Helder-Fritz: So, jetzt warten wir nochmal eine Minute. Und dann dürfen wir es abtrocknen.

Dr. Gerhard Samosny | Leiter des Gesundheitsamts Alzey-Worms: Die Mittel, die beim Waschen benutzt werden, haben eine keimabtötende Wirkung. Dieses Abtöten dauert eine gewisse Zeit. Und diese Zeit muss eingehalten werden, sonst verdünnt man mit dem Nachwaschen oder dem Abtrocknen die Substanzen, sodass sie nicht mehr bakterizid sind.

Sprecherin: Unterstützung von der Patientin gibt es nicht. Das Team ist auf sich gestellt.

Andrea Wagenführer: So, dann drehen wir sie jetzt wieder zu Dir. Ich rolle die Schmutzwäsche auf, desinfiziere die Matratze. Und dann wechseln wir die Seite und Du ziehst das saubere Bettlaken auf.

Sprecherin: Mittlerweile waschen Andrea Wagenführer und Monika Helder-Fritz die Patientin schon eine Stunde.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Und das muss der Pflegedienst täglich machen. Und dazu gehört natürlich auch, wenn man ordentlich gewaschen ist, zieht man sich auch frisch an und zieht sich frische Wäsche an und wäscht diese benutzte Wäsche auch sofort. Nur so kann auch verhindert werden, dass so ein Ping-Pong-Effekt entsteht, dass das Ganze keinen Sinn macht.

Andrea Wagenführer: So, jetzt müssen wir den Arbeitsplatz noch aufräumen, Schmutzwäsche entsorgen und die Angehörigen informieren, dass heute noch zwei Mal Nasensalbe aufgetragen werden muss und dass wir jetzt an weiteren vier Tagen diese Waschprozedur durchführen müssen, um dann einen Erfolg bei der MRSA-Sanierung zu haben.

Dr. Lothar Birkel | Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Dialyse: Ganz wichtig ist, dass die Angehörigen erstmal beruhigt werden. MRSA ist ja ein Thema, was in der Presse groß gehandelt wird: fürchterliche Keime, ganz gefährlich. Die sind aber überhaupt nicht gefährlich für den Durchschnittsbürger, nur für bestimmte Patientengruppen. Darüber müssen die Angehörigen informiert sein, dass sie die Angst verlieren. Dass sie bereit sind, mit ihm zusammen das durchzuziehen.

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