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16. August 2023

Ambulante Versorgung: KBV fordert über 10 Prozent mehr Mittel

Fortsetzung der Verhandlungen am 24. August

Die KBV fordert eine Anhebung des Orientierungswerts und damit der Mittel für die ambulante Versorgung um 10,2 Prozent. "Die Praxen brauchen schnellstens mehr Mittel, um ihre Patientinnen und Patienten auch perspektivisch weiter versorgen zu können", sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen nach der ersten Verhandlungsrunde mit dem GKV-Spitzenverband am 9. August in Berlin.

Der GKV-Spitzenverband lehnte die Forderungen der KBV ab und bot eine Anhebung des Orientierungswerts (OW) um 2,1 Prozent an. "Die Krankenkassen verkennen völlig die aktuelle wirtschaftliche Situation der Arzt- und Psychotherapeutenpraxen, da sie sich ausschließlich mit veralteten Daten auseinandersetzen", betonte Gassen. Der KBV-Chef appellierte an sie, ihrer Pflicht zur ausreichenden Finanzierung der ambulanten Versorgung nachzukommen.

Auch der Vorstandsvorsitzende der KV RLP, Dr. Peter Heinz, äußerte Unverständnis für die Reaktion der Krankenkassen. Er kritisierte diese als an der Wirklichkeit vorbei und forderte von der anderen Seite mehr Weitblick: "Vor dem Hintergrund der Kostenentwicklung, insbesondere in den letzten zwei Jahren, ist das Angebot der Krankenkassen völlig unverhältnismäßig. Was es jetzt braucht, ist eine angemessene Berücksichtigung der Kostensteigerungen, um die ambulante Versorgung zu sichern." Der unzureichende Vorstoß offenbare darüber hinaus einen falschen Fokus, bemängelte Dr. Andreas Bartels, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV RLP. Dieser befeuere, neben weiteren Fehlentscheidungen, die ohnehin schwindende Attraktivität einer Tätigkeit im ambulanten Bereich zusätzlich. Er warnte: "Der Wert ärztlicher und psychotherapeutischer Arbeit darf nicht von der Finanzlage der Krankenkassen abhängig gemacht werden."

Vier zusätzliche Forderungen

In der von der KBV geforderten OW-Steigerung sind neben den üblicherweise zu berücksichtigenden Kostensteigerungen des Vorjahres (2022 zu 2021) auch Gelder für eine Erhöhung der Gehälter des nicht ärztlichen Personals sowie eine Inflationsausgleichsprämie für das laufende Jahr enthalten. Außerdem fordert die KBV eine Anhebung der Kostenpauschalen sowie eine Vergütung des erheblichen Mehraufwands infolge von Arzneimittelengpässen.

Die KBV begründete ihre Forderungen mit den explodierenden Kosten und dem akuten Mangel an qualifiziertem Personal. "Wir brauchen eine deutliche Aufstockung der Finanzmittel, damit die Praxen noch arbeitsfähig sind", betonte Gassen. Ansonsten würden mehr und mehr Ärztinnen und Ärzte ihren Leistungsumfang reduzieren müssen.

300 Euro mehr für jede und jeden MFA

In der geforderten OW-Anhebung ab 1. Januar 2024 ist die Finanzierungsgrundlage für eine Gehaltserhöhung der nicht ärztlichen Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter einkalkuliert. So fließt eine Erhöhung in Höhe von monatlich 300 Euro (brutto) in die Berechnung der Veränderungsrate des Orientierungswerts ein.

Inflationsausgleichsprämie für das laufende Jahr

Die KBV verlangt außerdem einen Ausgleich für die inflationsbedingten Mehrbelastungen der Praxen im laufenden Jahr, die in der OW-Anpassung für 2023 nicht berücksichtigt wurden. "Zur Korrektur fordern wir eine Inflationsausgleichsprämie für die Ärzte und Psychotherapeuten", sagte Gassen. Der Orientierungswert war zu Jahresbeginn nur um 2 Prozent angehoben worden; die Inflationsrate im ersten Quartal lag bei 8,3 Prozent.

Die Gelder für die geforderte Inflationsausgleichsprämie sind ebenfalls in der Anhebung der Vergütung von 10,2 Prozent enthalten. Zur Ermittlung der Prämie als Aufschlag auf den OW 2024 rechnet die KBV mit einer Einmalzahlung in Höhe von 3.000 Euro je Ärztin und Arzt sowie Psychotherapeutin und Psychotherapeut.

Dieser Wert lehnt sich an den Tarifabschluss an, der zwischen den Tarifpartnerinnen und -partnern des öffentlichen Diensts angesichts der hohen Inflation für das Jahr 2023 vereinbart wurde. Die gesetzgebende Instanz hat bei der Anpassung der Gehälter für Ministerinnen und Minister sowie Bundesbeamtinnen und -beamte diese Vereinbarung ebenfalls genutzt. Nach dem Gesetz zur Anpassung der Bundesbesoldung gilt diese Einmalzahlung im Jahr 2023 auch für Empfangende von Dienstbezügen.

Dynamisierung der Kostenpauschale

Die KBV verlangt außerdem eine Dynamisierung sämtlicher Kostenpauschalen, unter anderem für die Dialyse und Laboruntersuchungen. Diese sollen künftig automatisch um die jährliche OW-Steigerung angehoben werden. Dies passiert bislang nicht, sodass die Kosten vielfach nicht gedeckt sind.

Aufwandspauschale bei Arzneimittelengpässen

Die vierte Forderung zur Anhebung der Vergütung betrifft das aktuelle Problem der Arzneimittelengpässe. Durch den Austausch von Medikamenten sowie durch zahlreiche Rückfragen in den Praxen entsteht ein erheblicher Arbeitsaufwand in den Praxen. Hierfür fordert die KBV eine pauschale Vergütung.

Verhandlungen ohne Ergebnis vertagt

Die Verhandlungen 9. August wurden erwartungsgemäß ohne Ergebnis beendet. Sie sollen am 24. August im Bewertungsausschuss fortgesetzt werden.

Bei den jährlichen Finanzierungsverhandlungen zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband geht es vornehmlich um die Festlegung des bundeseinheitlichen Orientierungswerts und damit um die Finanzierung der ärztlichen und psychotherapeutischen Untersuchungen und Behandlungen bei gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten. Anders als bei Tarifverhandlungen gibt es dafür gesetzliche Vorgaben, wie die Höhe der Anpassung zu ermitteln ist.

Die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie, die ebenfalls festzulegen sind, hat der Bewertungsausschuss bereits im Juli beschlossen. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verhandeln dann mit den Krankenkassen vor Ort, wie viel Geld diese im neuen Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten in der Region bereitstellen.

KBV-Praxisnachricht vom 9. August 2023 / red

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