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13. Juni 2022

Nagelkorrekturspangenbehandlung durch podologische Praxen ab 1. Juli möglich

Heilmittel-Richtlinie um zwei Diagnosegruppen ergänzt

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Behandlung eingewachsener Zehennägel (Unguis incarnatus) mittels Nagelkorrekturspangen in die Heilmittel-Richtlinie (HM-RL) aufgenommen und festgelegt, dass Podologinnen und Podologen Nagelkorrekturspangen anlegen dürfen.

Hintergrund

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom Dezember 2018 festgestellt, dass es sich bei der Nagelspangenbehandlung ausschließlich um eine ärztliche Leistung handelt. Da die Nagelspangenbehandlung durch Ärztinnen und Ärzte jedoch nicht gesondert abrechenbar ist (Vergütung in Grund-/ Versichertenpauschale enthalten), wird die Leistung meist nicht erbracht. Um die Versorgung von betroffenen Patientinnen und Patienten zu verbessern, hat der G-BA nach einem Beratungsverfahren unter Berücksichtigung der Qualifikationen entschieden, dass neben Ärztinnen und Ärzten auch Podologinnen und Podologen Nagelspangenbehandlungen durchführen dürfen.

Heilmittel-Richtlinie geändert

Die Nagelspangenbehandlung durch Podologen ist in einem neuen Abschnitt in der HM-Richtlinie geregelt: "Podologische Therapie bei Unguis incarnatus: Behandlung mit Nagelkorrekturspangen (Orthonyxiespangen)".

In drei neuen Paragraphen werden das

  • Behandlungsziel und die Verordnungsvoraussetzungen (§ 28),
  • die Zusammenarbeit und Qualitätssicherung (§ 28a) sowie
  • der Inhalt der Nagelspangenbehandlung (§ 28b)

definiert.

In folgenden Stadien ist eine Behandlung mittels Nagelkorrekturspange möglich:

  • Stadium 1: Nagel beginnt seitlich in die Haut einzuwachsen. Die Haut schmerzt und beginnt, sich zu entzünden

  • Stadium 2: Am Rand des eingewachsenen Nagels hat sich neues, entzündetes Gewebe (Granulationsgewebe) gebildet. Das Gewebe nässt und eitert.

  • Stadium 3: Der betroffene Nagelbereich ist chronisch entzündet und eitert wiederholt. Das Granulationsgewebe wächst bereits über den Nagel

Ziel der Behandlung ist: 

  • die Entlastung des Weichteilgewebes,
  • die Förderung oder Wiederherstellung eines physiologischen Nagelwachstums
  • die Rückführung in eine natürliche Nagelform,
  • das Fortschreiten des Einwachsens in das umliegende Gewebe oder
  • die Verhinderung von Entzündungsprozessen

und zusätzlich in den Stadien 2 und 3:

  • die Verhinderung zunehmender Verletzung der Hautoberfläche durch weiteres Einwachsen des Zehennagels
  • die Entgegenwirkung oder Linderung einer Chronifizierung der Entzündung

Vor Verordnung einer Nagelspangenbehandlung ist durch die Ärztin bzw. den Arzt zu prüfen, ob diese durchführbar ist. Dazu muss es möglich sein, die Spange an der Nagelplatte zu befestigten. Bei stark deformierten Nagelplatten, fortgeschrittenen Onychomykosen oder absolutem Wachstumsstillstand ist eine Einzelfallentscheidung erforderlich.

Gerade in den Stadien 2 und 3 darf durch die Befestigung einer Nagelkorrekturspange keine weitergehende Verletzung der geschädigten Haut oder des umliegenden, entzündlich veränderten Weichteilgewebes entstehen.

Für die beispielhaft aufgeführten Indikationen ist eine Nagelspangenbehandlung kontraindiziert:

  • Tumore im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung
  • Onycholysen
  • Abszedierungen/Nekrosen im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung.

Das Vorliegen einer klinisch manifesten Neuropathie, mit bereits ausgeprägten Sensibilitätsstörungen oder autonomen Störungen in Form trophischer Störungen im Bereich der unteren Extremitäten schließt eine Nagelspangenbehandlung nicht aus. Komplikationen könnten jedoch durch unbemerktes Verrutschen oder Druckausübung auf umliegendes Weichteilgewebe oder der Haut auftreten.

Sicherung der Behandlungsqualität und Abstimmung

In allen Stadien bleiben Diagnostik, Wundversorgung und weitere Therapien, einschließlich konservativer oder invasiver Maßnahmen der Wundbehandlung weiterhin ärztliche Leistung. Das Anlegen, Nachregulieren und Entfernen der Nagelspange fällt in den podologischen Tätigkeitsbereich. Über eventuell auftretende Komplikationen oder Verschlechterung des Krankheitsbildes in den Stadien 2 und 3 hat die Podologin bzw. der Podologe die Verordnenden unverzüglich informieren. Die betroffenen Patientinnen und Patienten sind an die Ärztin oder den Arzt zu verweisen. Podologinnen und Podologen sind verpflichtet, in den Stadien 2 und 3 den Behandlungsverlauf fotographisch zu dokumentieren. Die Dokumentation darf durch den Verordner angefordert werden.  

Heilmittelkatalog angepasst

Der G-BA hat im Heilmittelkatalog einen Abschnitt Podologische Therapie bei Ungui incarnatus mit zwei neuen Diagnosegruppen UI1 und UI2 ergänzt. Die Diagnosegruppen unterscheiden sich jeweils in der Verordnungshöchstmenge. Im Stadium 1 besteht die Verordnungsmöglichkeit von bis zu acht Einheiten. Für eine engmaschige ärztliche Kontrolle in den Stadien 2 und 3 sind je Verordnung nur bis zu vier Einheiten möglich.

Grundsätzlich bleibt die Verordnung von Podologie nur den Behandlungsfällen vorbehalten, bei denen der Fuß keinen Hautdefekt aufweist (Wagner Stadium 0 = ohne Hautulkus).

Ausstellen des Formulars

Die Verordnung der Nagelspangenbehandlung erfolgt auf dem Muster 13 unter Angabe des ICD-10-Codes "L60.0" – Unguis incarnatus. Außerdem sind der entsprechende Diagnoseschlüssel UI1 oder UI2 aus dem Heilmittelkatalog sowie die entsprechende Leitsymptomatik anzugeben und "Podologische Therapie" anzukreuzen.

Praxissoftware

Laut Mitteilung der KBV wird die Praxissoftware zum 1. Juli 2022 entsprechend aktualisiert. Eine weitere Anpassung erfolgt im Januar 2023. Ab diesem Zeitpunkt soll eine Rezeptausstellung in den Diagnosegruppen UI1 und UI2 nur unter Angabe des ICD-10-Codes "L60.0" möglich sein. 

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