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24. Januar 2023

Fast 50 Prozent mehr Patientinnen und Patienten in Bereitschaftspraxen

Infektwelle als Hauptgrund | 33 Prozent benötigten Krankschreibung

Die KV RLP hat eine Auswertung des Patientenaufkommens in den Ärztlichen Bereitschaftspraxen (ÄBP) und der dort gestellten Diagnosen zum Jahreswechsel vorgenommen. Das Ergebnis: In diesem Zeitraum haben im Vergleich zum Vorjahr fast 50 Prozent mehr Patientinnen und Patienten eine ÄBP aufgesucht. Mit Blick auf die dort gestellten Diagnosen lässt sich festhalten, dass die massive Infektwelle die Hauptursache für das deutlich erhöhte Aufkommen war. Auch wenn die vielen Erkältungskrankheiten die Situation verschärft haben, warnt die KV RLP als Betreiberin der ÄBP vor dauerhaft längeren Wartezeiten, sollten sich die politischen Rahmenbedingungen für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung nicht schnell und nachhaltig ändern.

Die konkreten Zahlen zeigen: Zwischen dem 24. Dezember 2022 und dem 1. Januar 2023 kamen insgesamt 33.775 Menschen in eine der 43 ÄBP in Rheinland-Pfalz. Das waren knapp 50 Prozent mehr Patientinnen und Patienten als im selben Zeitraum des Vorjahres und sogar 75 Prozent mehr als im Jahr 2020, wobei bei diesem Vergleich auch die generell geringere Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen aufgrund der Corona-Pandemie berücksichtigt werden muss. Besonders stark wurden die ÄBP am 27. und 28. Dezember 2022 frequentiert. Hier besuchten rund 4.980 bzw. 4.700 Menschen die ÄBP und damit fast doppelt so viele wie im bisherigen Durchschnitt an den Weihnachtsfeiertagen. Die Auswertung der in den ÄBP gestellten Diagnosen bestätigt dabei die massiven Auswirkungen der Infektwelle. Bei den behandelten Patientinnen und Patienten dominierten eindeutig die Erkältungskrankheiten, wie Infektionen der Atemwege und Bronchitis. Deren Anteil lag bei 40 Prozent aller gestellten Diagnosen. Im Jahr 2021 lag diese Quote bei 20 Prozent.

"Praxen haben Außergewöhnliches geleistet"

"Die Zahlen verdeutlichen das außergewöhnlich hohe Patientenaufkommen in den Ärztlichen Bereitschaftspraxen aufgrund der Infektwelle", sagt der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz. "Gleichzeitig haben sich viele Praxen am Jahresende aus nachvollziehbaren Gründen eine kurze Verschnaufpause genommen. Die Kolleginnen und Kollegen haben mit ihren Praxisteams in der Coronazeit Außergewöhnliches geleistet und, verstärkt durch den Fachkräftemangel, oft am Limit oder sogar darüber hinaus gearbeitet, um die Patientinnen und Patienten gut zu versorgen", erläutert Dr. Heinz. Im Zusammenwirken dieser Faktoren sei es trotz erheblicher Ausdehnung der Öffnungszeiten in den ÄBP zu Wartezeiten gekommen.

33 Prozent der Patientinnen und Patienten brauchten Krankschreibung

Rund 11.200 der fast 34.000 Fälle, und damit rund 33 Prozent, nahmen eine ÄBP in Anspruch, um sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen. Hinzu kommen manuell ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die im System nicht erfasst werden. "An erster Stelle steht, allen Patientinnen und Patienten eine gute Versorgung zukommen zu lassen. Deshalb sollten wir auch an diesem Punkt über bürokratische Entlastungen für die Praxen nachdenken", sagt Dr. Heinz und macht dazu einen Vorschlag: "Es könnte die Situation künftig entzerren, wenn alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zwischen Weihnachten und Neujahr erst nach dem dritten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von ihren Mitarbeitenden verlangen. Aktuell wird dies nicht einheitlich gehandhabt."

Konsequenzen einer fehlgeleiteten Politik

Die KV RLP befürchtet, dass es auch in Zukunft zu vollen Praxen und Warteschlangen kommen kann – und das nicht nur im Ärztlichen Bereitschaftsdienst und auch nicht nur zum Jahreswechsel. Bereits heute warten Patientinnen und Patienten teilweise lange auf Facharzttermine, und bereits heute gibt es auch im Regelbetrieb Warteschlangen vor Praxen. "Das ist das Ergebnis einer fehlgeleiteten Politik der vergangenen 20 Jahre", betont Dr. Heinz. Die Kassenärztlichen Vereinigungen warnen seit vielen Jahren vor einem Ärztemangel, der nun spürbar und sichtbar werde. Die Streichung von tausenden Medizinstudienplätzen, die Einführung einer Bedarfsplanung sowie die Deckelung und Budgetierung des Honorars für die Behandlungszeiten seien politische Maßnahmen gewesen, die zur heutigen Situation geführt hätten. Auch am Bürokratieabbau und einer besseren Patientensteuerung müsse dringend gearbeitet werden.

"Um eines klar festzuhalten: Patientinnen und Patienten dürfen uns Ärztinnen und Ärzte selbstverständlich immer konsultieren, wenn sie uns brauchen. Aber es darf nicht sein, dass wir uns dauerhaft an lange Wartezeiten gewöhnen müssen. Mit Blick auf den Ärzte- bzw. Fachkräftemangel fordern wir die Politik einmal mehr auf, zu handeln und die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung zu verbessern."

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