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7. Dezember 2021

Dr. Peter Heinz reicht "kostenlos" als "Unwort des Jahres 2021" ein

"Verwendung führt meistens in die Irre"

Jedes Jahr kürt eine spezielle ehrenamtliche und institutionell unabhängige Jury das "Unwort des Jahres". Der Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP), Dr. Peter Heinz, hat in diesem Jahr einen Vorschlag einreicht. "Für mich ist der Begriff ‚kostenlos‘ mein persönliches Unwort des Jahres 2021", sagt der Allgemeinmediziner. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie tauche das Adjektiv in unterschiedlichen Kontexten auf. Die Verwendung führe meistens in die Irre.

Auf der Website www.unwortdesjahres.net heißt es, dass Begriffe zu Unwörtern werden, wenn sie "entweder gedankenlos oder mit kritikwürdigen Intentionen vor allem im öffentlichen Kontext verwendet werden". Indem jährlich ein Unwort gekürt wird, möchte man die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass Wörter oft irreführend gebraucht werden und dass jede und jeder eine Verantwortung für ihr bzw. sein sprachliches Handeln trägt.

"Diese Definition gilt auch für mein persönliches Unwort des Jahres: 'kostenlos'", bemerkt der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz. Laut Duden bedeutet "kostenlos" "ohne dass dafür Kosten entstehen; unentgeltlich". Was im ersten Augenblick verlockend klinge, sei in der Mehrheit der Fälle ein sprachlicher Trugschluss, so Dr. Heinz.

In Corona-Pandemie ist vieles eben nicht "kostenlos"

Besonders in der Corona-Pandemie sei der Begriff "kostenlos" sehr häufig in der Öffentlichkeit zu vernehmen. Ob bei Bürgertestungen, Schutzimpfungen oder der Bereitstellung von FFP2-Masken für Angehörige bestimmter Risikogruppen – in allen Fällen werde die gesetzgebende Instanz nicht müde, zu erwähnen, dass all diese Angebote für Bürgerinnen und Bürger "kostenlos" seien. "Doch das ist lediglich ein Taschenspielertrick: Was man vorne mit offener rechter Hand den Bürgerinnen und Bürgern kostenlos anbietet, holt man ihnen mit verdeckter linker Hand gleichzeitig aus der Tasche."

Der Vorstandsvorsitzende der KV RLP ist überzeugt: "Auch der beste Versuch der rhetorischen Beschönigung lässt nicht darüber hinwegsehen, dass die Finanzierung der vermeintlich kostenlosen Angebote aus Steuereinnahmen stammt und diese somit eben nicht kostenlos sind. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass sich die gesetzgebende Instanz der Verantwortlichkeit im Hinblick auf ihr sprachliches Handeln bewusst sein sollte, um Fehlanreize zu verhindern."

Auch medizinische Leistungen kosten etwas

Doch nicht nur in der Corona-Pandemie hat das Adjektiv "kostenlos" Einzug in den Sprachgebrauch gefunden. Dr. Peter Heinz kennt einige Beispiele aus seinem Berufsalltag sowohl als Vorstandsvorsitzender der KV RLP als auch als Inhaber eines Medizinischen Versorgungszentrums. Als Vertragsarzt, also als Arzt mit Kassenzulassung, behandelt er größtenteils Versicherte gesetzlicher Krankenkassen. Auch in diesem Zusammenhang lasse sich die Fehlinterpretation des Begriffs "kostenlos" erkennen.

"Viele Patientinnen und Patienten gehen davon aus, sie erhielten medizinische Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung beinahe grenzen- und kostenlos. Sie denken, der automatische prozentuale Abzug von ihrem Gehalt durch den Arbeitgeber und die Weiterleitung an die Krankenkasse sei die Eintrittskarte in ein Flatrate-System der ärztlichen Versorgung", ist sich Dr. Heinz sicher. Es gebe zwar einige Ausnahmen, etwa in Form von Eigenbeteiligungen im Bereich von Arznei- oder Heilmittelverordnungen, doch die Mehrheit der Patientinnen und Patienten meinen, sie erhielten die zuzahlungsfreien Leistungen unentgeltlich und unbegrenzt.

Versichertengelder sind begrenzt

Auch hier sei bei genauer Betrachtung der irreführende, sprachliche Trugschluss zu erkennen. "Die Gesamtheit der eingezahlten Versichertengelder, die den Gesundheitsfonds auf Bundesebene bilden, ist begrenzt. Sofern dieser durch Versicherte, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, exorbitant in Anspruch genommen wird, sind die Gelder irgendwann erschöpft", macht Dr. Heinz deutlich. So könne man hervorragende Solidarsysteme mit einem kleinen Unwort zerstören.

Noch bis zum 31. Dezember können Vorschläge zum "Unwort des Jahres" eingereicht werden. Ob die Jury "kostenlos" zum Siegerwort des Jahres 2021 kürt, gibt sie in der ersten Januarhälfte 2022 bekannt.

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