Zum Jahresende wird das bisherige RSA-Verschlüsselungsverfahren der Telematikinfrastruktur (TI) durch das leistungsfähigere und sicherere ECC-Verfahren ersetzt. Damit Praxen ab 2026 nicht von der TI abgeschnitten sind, sollte jede Praxis jetzt dringend prüfen, welche ihrer TI-Komponenten von der Umstellung betroffen sind. Das gilt für Heilberufsausweise, Praxisausweise, eHealth-Kartenterminals, Primärsysteme, KIM-Dienste und auch Konnektoren. Bei Bedarf müssen Praxen ohne Zeitverzug handeln. Rund 200 Praxen in Rheinland-Pfalz haben etwa bis jetzt noch nicht ihre SMC-B-Karte, den sogenannten Praxisausweis, ausgetauscht.
Jetzt dringend: TI-Komponenten austauschenBetrifft vor allem Konnektor, eHBA und SMC-B
Das sollten Praxen jetzt tun
Wie stark Praxen betroffen sind, hängt davon ab, ob ihre TI-Komponenten bereits ECC-fähig sind oder noch mit RSA arbeiten. Die Abkürzung RSA steht für Rivest-Shamir-Adleman, ECC für Elliptic Curve Cryptography.
Praxen sollten, falls noch nicht geschehen, sofort ihren IT-Dienstleister oder Praxissoftware-Hersteller kontaktieren und klären, welche TI-Komponenten ausgetauscht werden müssen. Viele Anbieter haben ihre Kunden bereits per Post oder E-Mail informiert und auf den Wechsel hingewiesen. Diese Hinweise sollten keinesfalls ignoriert werden. Ist ein Austausch nötig, müssen Praxen die neuen TI-Komponenten umgehend beantragen. Die Produktion der Karten kann bis zu zwei Wochen dauern, anschließend muss der IT-Dienstleister sie im Konnektor einrichten.
Einige Praxisverwaltungssysteme zeigen sogar Warnmeldungen an, wenn noch RSA-Komponenten im Einsatz sind. Diese Hinweise sollten Praxen unbedingt ernst nehmen. Neben Arzt- und Praxisausweisen müssen auch viele ältere Konnektoren ersetzt werden. Besonders betroffen sind Geräte, deren Laufzeit vor zwei Jahren von fünf auf sieben Jahre verlängert wurde. Diese Konnektoren unterstützen ausschließlich das RSA-Verfahren und laufen zum Jahresende endgültig ab. Ohne neuen Konnektor oder eine Anbindung an ein TI-Gateway können Praxen ab Januar nicht mehr auf die TI zugreifen.
Austausch bis Jahresende zu knapp
Dass das Verschlüsselungsverfahren der TI bis Anfang 2026 von RSA auf ECC umgestellt wird, hatte die Bundesnetzagentur festgelegt. Schon im Mai hatte die KBV die gematik darauf hingewiesen, dass der Zeitraum für den Austausch zu knapp bemessen ist, und eine Verlängerung der Nutzungsdauer gefordert.
KBV fordert Übergangsfrist
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) verlangt eine Übergangsfrist von mindestens zwei Quartalen, in der die Arztausweise rechtssicher für elektronische Signaturen von Rezepten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Arztbriefen genutzt werden können.
Gleiches gilt für die SMC-B-Karte, die den Zugang zur TI ermöglicht. "Wir brauchen hier schnell Klarheit", betonte zuletzt KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner in einem Video-Interview. Der KBV-Vorstand habe sich bereits an die Bundesnetzagentur, die gematik und das Bundesgesundheitsministerium gewandt und stehe mit allen Beteiligten im Austausch. Arztausweise, die noch das bisherige RSA-Verschlüsselungsverfahren nutzen, sollen ab Januar übergangsweise weiter einsetzbar bleiben, forderte Steiner. Andernfalls könnten betroffene Ärztinnen und Ärzte ab Januar unter anderem keine eRezepte mehr ausstellen.
Hersteller kommen nicht hinterher
Wenige Wochen vor Jahresende zeigt sich, dass die Hersteller den Austausch trotz aller Bemühungen nicht rechtzeitig bewältigen können, erklärte Steiner. Besonders kritisch sei die Lage bei den elektronischen Heilberufsausweisen. Alle Ausweise der Generation 2.0, die ausschließlich RSA-fähig sind, müssten ersetzt werden – auch solche, deren aufgedrucktes Ablaufdatum eine längere Gültigkeit suggeriert. Laut gematik sind derzeit noch über 50.000 dieser Ausweise im Einsatz. Zudem müssten nach KBV-Angaben bundesweit noch über 6.000 SMC-B-Karten und 10.654 Konnektoren getauscht werden. Die KBV schätzt, dass sich etwa die Hälfte dieser Konnektoren in vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Praxen befinden.
Bleibt es bei der Frist 31. Dezember, könnten Anfang Januar zigtausende Praxen in Deutschland nicht mehr an die TI angebunden sein, warnte Steiner. Das würde der Digitalisierung erheblich schaden. Verfahren wie das eRezept und die eAU seien inzwischen etabliert und akzeptiert.